Seit einem Jahr gibt es mittlerweile die offizielle Kooperationsvereinbarung zwischen dem Gesangverein zu Langenbernsdorf e. V. und dem Gymnasium „Alexander von Humboldt“ Werdau. Wesentlicher Bestandteil dieser Kooperation ist es, dass aus interessierten Schülerinnen und Schülern der Klassenstufen 9 bis 12 ein Schulchor gebildet und gemeinsam von Musiklehrerin Andrea Gralla als Vertreterin der Schule sowie mir als Vertreter des Gesangvereines geleitet wird.  

Bereits im ersten Jahr seines Bestehens hat der Schulchor Ausrufezeichen gesetzt. Nicht nur, dass er aufgrund des Lockdowns nach nur wenigen Treffen in Präsenz online weiterproben musste, hat den Chor gefördert, sondern die gemeinsamen Proben und Auftritte mit dem Gesangverein zu Langenbernsdorf e. V. haben in kürzester Zeit für Motivations- und Leistungsschübe gesorgt. Höhepunkt waren die beiden „Ein Dorf singt“-Konzerte im Mai, zu denen beide Chöre und die Vogtland Philharmonie Greiz/Reichenbach gemeinsam auf der Bühne standen. Ich wusste damals schon, dass das ein unvergesslicher Augenblick für die Schülerinnen und Schüler sein würde. Doch sicher sein, ob der Schulchor personell Bestand haben kann, konnten wir uns trotzdem nicht. Immerhin gibt es nach zwei Corona-Jahren viel Lernstoff nachzuholen und auch der Wechsel von der Sekundarstufe I zur Sekundarstufe II ist bei einigen Heranwachsenden damit verbunden, dass sie ihre außerunterrichtlichen Aktivitäten einschränken.  

Das neue Schuljahr zeigte uns sofort, dass wir uns unnötige Gedanken gemacht hatten. Wieder kamen 40 Schülerinnen und Schüler; die Abgänge konnten alle durch neue und genauso motivierte junge Leute ausgeglichen werden. Um den Chor mit seiner neuen Zusammensetzung fit zu machen, hatten wir uns überlegt, für drei Tage ins Chorlager zu fahren. Schließlich stehen die Weihnachtskonzerte vor der Tür und mit wöchentlich 90 Minuten Probenzeit können wir kein vollständiges Konzertprogramm erarbeiten. Nachdem das Ganztagsprogramm des Gymnasiums und der Gesangverein finanzielle Unterstützung zugesagt hatten, konnte der Teilnehmerbetrag auf ein Minimum reduziert werden.  

So fuhr der Schulchor vom 5. bis 7. Oktober in die Jugendherberge Klingenthal. Weit oben auf dem Aschberg hatten wir optimale Bedingungen. Auch der Vorsitzende des Gesangvereines Stefan Hoffmann, der ebenfalls Lehrer am Werdauer Gymnasium ist, und unser stellvertretender Liedermeister Thomas Lohri reisten mit, um die Stimmgruppen Tenor und Bass zu verstärken. Die Motivation war bei allen sehr hoch und es zeigte sich schnell, dass die jungen Sängerinnen und Sänger mit vollem Einsatz dabei waren. Innerhalb der drei Tage standen über 20 Stunden Probe vom frühen Morgen bis in den späten Abend auf dem Plan. Von den 15 geprobten Liedern waren zehn komplett neu.  

Dennoch machte sich im Probenraum schnell eine spürbare Freude darüber breit, dass man fernab der Schule und seines Alltags einmal Zeit hatte, sich nur auf das Singen und das gemeinsame Miteinander zu konzentrieren. Stündlich wurde die Qualität besser und wo anfangs zahlreiche Köpfe rauchten, machte es nach und nach reihum immer wieder „Klick“. Es lässt sich emotional kaum beschreiben, was wir in drei Tagen harter Arbeit im Einzelnen erreicht haben. Doch wir alle konnten mit der Gewissheit nach Hause reisen, dass der bunte Haufen, der nach Klingenthal gefahren war, als eine stimmlich wie menschlich starke Gemeinschaft nach Werdau zurückkehren würde.  

Da war sie wieder: die Kraft der Musik. Ausnahmslos bewerteten die Beteiligten den Verlauf des Chorlagers als Erfolg. Es gab während der drei Tage keinerlei Zwischenfälle. Im Gegenteil: Stets waren alle pünktlich und gut gelaunt anwesend und sogar nach den Proben wurde in kleinen Gruppen weiter über die Lieder diskutiert und wie man welche Dinge noch besser machen könnte.  

Als ich vor über 14 Jahren als 20-Jähriger Liedermeister in Langenbernsdorf wurde, gab es in der näheren Umgebung noch 15 Chöre, die regelmäßig an gemeinsamen Veranstaltungen teilnahmen. Damals wurde mir von einigen alten und griesgrämigen Personen – meist den Chorleitern und Vorsitzenden – gesagt, die Jugend habe kein Interesse mehr am Chorgesang und unsere Chortradition werde untergehen. Ich wusste damals schon, dass dieser Fatalismus Quatsch ist und der Fehler wo ganz anders liegt. Heute gibt es in der ganzen Region kaum noch singfähige Chöre. Doch neben dem personell wie gesanglich starken Gesangverein zu Langenbernsdorf e. V. etabliert sich nun mit dem Schulchor des Gymnasiums „Alexander von Humboldt“ Werdau ein neuer Klangkörper, der mit jugendlicher Frische, mit Engagement und mit Freude am Chorgesang zeigt, dass das Singen im Chor nach wie vor zu den schönsten Aktivitäten gehört, die Menschen jedes Alters ausüben können. Einige der Schulchormitglieder wurden gerade erst geboren, als ich nach Langenbernsdorf kam. Obwohl ich in den vergangenen Jahren die Auflösung zahlreicher Chöre miterlebt habe, sehe ich mit Stolz und Freude, dass es auch anders geht. Mögen die jungen Sängerinnen und Sänger überall dort, wohin es sie im Laufe ihres Lebens verschlägt, wieder in Chören singen – vielleicht sogar in Langenbernsdorf. Sorgen darüber, dass es irgendwann niemanden mehr geben würde, der Lust am Singen hat, mache ich mir jedenfalls keine… 

Die nächsten gemeinsamen Auftritte des Gesangvereines zu Langenbernsdorf e. V. und des Schulchores des Gymnasiums „Alexander von Humboldt“ Werdau sind die Adventskonzerte am 3. Dezember im Gewandhaus zu Leipzig, am 15. Dezember im Landgasthof „Weißes Roß“ in Langenbernsdorf und am 17. Dezember gemeinsam mit Deborah Sasson im Neuberinhaus Reichenbach. 

 Michael Pauser 

Liedermeister des Gesangvereines zu Langenbernsdorf e. V.

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